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Gastkommentar WOHNINSIDER
Trend ist Design – Design ist Trend!
Design, und vor allem Möbeldesign, ist ein viel strapazierter Begriff und wird auch sehr oft missbräuchlich verwendet. Mir ist schon bewusst, dass diese Auslegung von sehr persönlichem Betrachtungswinkel abhängig ist. „Design“ ist aber ein umfassender Begriff, wo auch gesellschaftliche Entwicklungen einfließen und dort auch als kollektives Korrektur-Instrument eingesetzt werden sollte. Bei der Entwicklung, dem Design neuer Produkte dürfen nicht nur wirtschaftliche Erfordernisse, wie verbreitet in der Modeindustrie, vorherrschen. Auf die Bedürfnisse der Menschen und seiner Zukunft, sowie die langfristigen Auswirkungen auf unsere geschundene Natur, sollte genauso geachtet werden.
Früher war jeder Handwerker auch Designer, erst durch die allmähliche Industrialisierung ist der Beruf des Designers entstanden. Jetzt scheint es, dass beinahe jeder der einen Bleistift halten kann ein solcher ist. Langfristig erfolgreich sind jedoch nur die wenigen wirklich Kreativen. In Summe sind jedoch die allgegenwärtigen Plagiate leider meistens ein wirtschaftlich erfolgreicher. Wir als Konsumenten hätten es in der Hand dem entgegen zu wirken. Wenn so etwas nicht gekauft wird, würden sie gleich wieder vom Markt verschwinden.
Die einen kaufen nur weil ein berühmter, bekannter Designer oder verbreitetes Design dahintersteht – egal ob es eine gute Qualität, ökologisch oder nicht auf Kosten der Ressource Mensch produziert wird. Nach dem Motto, man muss es haben um jeden Preis. Die anderen kaufen, weil sie Qualität (z.B. Sitzkomfort) und das optische Gesamtkonzept für gut und leistbar finden, die sind aber inzwischen in der Minderheit.
Hier trifft Design auf den vertrauten Begriff Trend. Der meisten Kunden werden dadurch zum ständig „Suchenden - nach dem Richtigen“ und lassen sich dabei immer mehr (ver)leiten und beeinflussen. Man läuft dadurch einem vermeintlichen „Trend“ hinterher.
Das beste Beispiel in unserer Branche ist die Möbelmesse in Mailand. Man möchte meinen, fast blindlings und meines Erachtens zu wenig kritisch, wird nach dem „neuesten Trend“ gesucht. Es wird zu wenig hinterfragt, was eine reine Inszenierung ist um den Markt vor sich her zu treiben. Mit enormen finanziellen Einsatz der Industrie und bekannten Designer wird versucht Trend zu schaffen oder besser gesagt zu beeinflussen. Ein Trend ist es erst wenn er schon wieder vorbei ist und die unzähligen Kopien auf diesen Zug aufspringen und breit vermarkten.
Man läuft daher immer wie einem Phantom hinterher. Design und Trend hängen dadurch untrennbar zusammen.
Man kann dieses Prinzip auch durchbrechen, dazu braucht man ein „Liebkind der Nation“ und eine finanzstarke Industrie. Durch den enormen technischen Aufwand und der gesetzlichen Vorgaben (siehe Abgaswerte) entsteht ein Produkt das immer vergleichbarer ist, sowohl in der Technik als auch im weitgehend gleichgeschalteten Design. Vom günstigen Produzenten bis zur noblen Karosse hat sich eine schon fast einheitliche Formensprache entwickelt, so hat es zumindest den Anschein. Bringt einer ein neues Modell auf den Markt ziehen die anderen sofort nach. Die enorme Vielfalt der möglichen Ideen wird auf einige wenige Aspekte runtergebrochen. Günstige Produktionsmöglichkeiten und grenzenlose Profitsucht der Konzerne (besser Investoren) verstärken dies.
Es ist mir schon bewusst, dass ich hier übertreibe, aber auf das läuft es ja hinaus. Wenn ich an unsere viel geliebten Mobiltelefone denke, (fast) alle Käufer wollen das gleiche Design und hier ist auch die Technik dahinter weitgehend vergleichbar. Alternative Modelle werden als Exoten abgestempelt. Design wird hier auch als offenes Manipulationsmittel eingesetzt, ohne allzu große Gegenwehr der Nutzer. Aber das ist eine andere Baustelle.
Es scheint, dass so eine Entwicklung widerspruchslos zugelassen wird. Wenige Konzerne versuchen mit allen Mitteln vermeintliche Trends massiv zu beeinflussen. Die mögliche Vielfalt und unbegrenzte Individualitäten gehen damit zunehmend verloren.
Design und vor allem Möbeldesign sollte wieder eine umfassende Entwicklung sein, wo auch die schon fast vergessene Natur wesentlich stärker berücksichtigt werden sollte. Nicht nur rein wirtschaftliche Aspekte sollten entscheidend sein. Was nützt uns das schönste Design, wenn die Menschheit sich selber das Grab schaufelt. Beispielgebend sei hier die verherende Verschmutzung der Gewässer und Meere durch Plastik.
Design sollte zu seiner ursprünglichen Definition zurückfinden. Lt. Wikipedia: „Design beinhaltet eine Vielzahl von Aspekten und geht über die rein äußerliche Form- und Farbgestaltung eines Objekts hinaus. Insbesondere umfasst Design auch die Auseinandersetzung des Designers mit der Funktion eines Objekts sowie mit dessen Interaktion mit einem Benutzer“. Ich möchte noch die Auswirkungen auf unsere Natur und Umwelt hinzufügen.
Und doch gibt es Lichtblicke, wer Geld hat investiert in Möbel, scheint es. In diesem Sog entwickeln sich zaghaft, im Verhältnis zum Gesamtmarkt, Produkte die wieder vermehrt auf handwerkliche Qualität der Erzeugnisse wertlegen. Dazu gehört auch die Produktion nicht in Billiglohnländer auszulagern und Ressourcen schonende, umweltgerechte und nachhaltige Erzeugnisse herzustellen. Kleine und mittelständische Erzeuger und kreative Möbeldesigner versuchen hier Vorgaben für einen schon längst überfälligen Wertewandel zu liefern. Die individuellen, funktionalen und benutzertauglichen Aspekte in einem Gesamtkonzept zu berücksichtigen. Massenwaren wollen und können darauf nicht Rücksicht nehmen.
Davon gibt es leider immer weniger, zu lange ist auf die Ausbildung junger Leute zu wenig Wert gelegt worden. Ich hoffe das ändert sich und wir bekommen keine Verhältnisse in unserer Branche, wie oben beschrieben.
Daher kann man abschließend sagen ohne individuellem, persönlichem Design spielen sie nur in der 2 oder 3 Liga, mit (eigenem) Design sitzen sie in der ersten Reihe. Legen wir als ausschlaggebende Konsumenten mehr Wert auf Nachhaltigkeit authentisches Design.